Wege in Europa

Südtiroler Frühlingstour 7: Vernagter Stausee

Das ist die Geschichte, wie ich eigentlich zum Reschensee wandern wollte, stattdessen ins Schnalstal für ein Museum fuhr und dieses dann nicht besuchte. Wer nichts von meiner Planerei lesen möchte, möge den folgenden Absatz bis zur Faktenbox überspringen – dort folgt dann die eigentliche Wanderbeschreibung.

Zunächst muss ich zurückgehen zum Oktober 2022, als ich für ein paar Tage in Südtirol war und zum Abschluss von Meran nach Graun am Reschensee (und von dort zurück nach Österreich) fuhr. Die Strecke fand ich so schön, dass ich sie unbedingt wandern wollte. Und so sollte Graun das Ziel meiner aktuellen Wandertour sein. Allerdings bedeutete das, zum Abschluss am Ufer des Reschensees direkt neben der Bundesstraße zu wandern. Und dann erzählte mir am Mittwoch beim Frühstück ein deutsches Pärchen, dass das Wasser des Reschensees derzeit für Wartungsarbeiten weitgehend abgelassen war. Das klang nun alles wenig verlockend und so plante ich um. Durch die Gästekarte, die ich in Rabland erhalten hatte und die zahlreiche Museen inkludiert, wurde ich auf den archeoParc Schnalstal aufmerksam. Über dem Schnalstal liegt der Similaungletscher, wo man Ötzi gefunden hat. Die Originalfunde samt der Mumie sind im Archäologiemuseum Bozen, aber im archeoParc gibt es ein Freilichtmuseum. Und das ganze wollte ich natürlich mit einer Wanderung verbinden:

Die Fakten
12,5 km 419 hm 619 hm
Start: Vernagt
Ziel: Unser Frau in Schnals

Ich brach also gestern in der Früh mit dem Zug nach Naturns auf und nahm von dort den Bus 261 ins Schnalstal. Es ging über eine kurvige Bergstraße und der Busfahrer hatte eine recht – nun ja – rustikale Fahrweise, daher war ich froh, als ich schließlich in Vernagt aussteigen konnte. Geplant hatte ich eine Runde um den Vernagter Stausee – sofern es die Schneeverhältnisse erlaubten (denn los ging es auf etwa 1700 Metern). Der Vernagter Stausee hat eine ähnlich traurige Geschichte wie der Reschensee: Er entstand in den 1950er/60er Jahren, dabei versanken acht Höfe der Ortschaft Vernagt. Da jetzt im Frühling vor der Schneeschmelze der Wasserstand noch sehr niedrig ist, konnte ich den Turm des Leiter-Kirchleins aus dem Wasser ragen sehen.

Von Vernagt ging es am nördlichen Seeufer gleich einmal bergauf und zu einigen historischen Bergbauenhöfen, die zum Teil schon seit dem Mittelalter urkundlich belegt sind.

Der Weg schlängelte sich am Hang entlang, aber nicht so schmal wie der Apothekersteig. An mehreren Stellen war er zudem gesichert, wobei mich ein Kreuz vermuten ließ, dass es für die Sicherungen einen traurigen Grund gibt und tatsächlich fand ich bei meinen späteren Recherchen einen Zeitungsartikel von 2015.

Eine Erinnerung, auch bei technisch unschwierigen Wegen aufmerksam zu bleiben und so ließ ich mir Zeit, zumal das Rucksackgewicht sich mal wieder bemerkbar machte. Das Panorama lud auch zu Pausen ein. Dabei konnte ich nun auch schon erkennen, dass der Weg auf der gegenüberliegenden Seeseite an zahlreichen Stellen von Lawinen verschüttet und also nicht begehbar war.

Nach etwa einer Stunde kam der Finailhof und mit etwa 1950 Metern der höchste Punkt meiner gesamten Südtiroltour in Sicht. Da die anderen Höfe noch bis Mai geschlossen haben, war ich überrascht, hier auf offene Türen und einige andere Wanderer zu treffen. Eigentlich kehre ich untertags beim Wandern nicht gern ein (höchstens auf einen Kaffee), aber bei der traumhaften Lage hier konnte ich nicht widerstehen. Zudem ist es viel gemütlicher draußen auf einer Berghütte zu sitzen als abends im Restaurant. Ich entschied mich also zu einer längeren Pause und bestellte einen Kaiserschmarrn, der einfach köstlich war.

Während ich da so meine Seele baumeln ließ, beschloss ich das Museum bleiben zu lassen und lieber hier noch länger den Ausblick zu genießen. Ein Genusstag zum Abschluss.

Irgendwann musste ich aber doch wieder aufbrechen (zumal ich hier von der Sonne gebraten wurde) und so machte ich mich an den Abstieg zum See. Dabei kam ich an einer Schafherde mit genau einem schwarzen Schaf vorbei. 😉

Unten am See konnte ich einen der Lawinenabgänge am Südufer genauer sehen – und die Sperre des dortigen Wanderweges.

Für mich ging es daher am Nordufer wieder zurück – unterhalb des Weges, den ich gekommen war. Auf einem Waldweg und dann über eine Hängebrücke ging es mit weiteren schönen Blicken zurück nach Vernagt.

Von Vernagt aus führte mich ein teils recht steiniger Wanderweg nach Unser Frau in Schnals, wo ich die gleichnamige Wallfahrtskirche besichtigte. Das Schnalstal war lange ein wichtiger Durchgangspunkt über die Alpen, auch für Jakobspilger. Anfang des 14. Jh.s wurde hier eine Marienstatue gefunden, möglicherweise ein Mitbringsel eines Pilgers. Am Fundort wurde eine Kirche mit Marienaltar gebaut (angeblich ereigneten sich hier auch einige Wunder) und 1765 im Barockstil umgebaut.

Hier stieg ich auch wieder in den Bus, der mich – diesmal in ruhigerer Fahrweise – zurück nach Naturns brachte. Als Abschlussfotos gibt es noch das eindrucksvolle Katharinaberg, das ich vom Busfenster ablichtete, und Sterzing, das ich heute auf der Rückreise noch kurz besichtigte.

Fazit: Eine kleine, aber sehr feine Tour zum Abschluss. Jetzt zu dieser Jahreszeit ist die Vegetation in dieser Höhe noch sehr winterlich, aber trotzdem war es eine schöne Wanderung mit beeindruckenden Aussichten.

Und das war es also mit meinem Südtiroler Wanderurlaub. Die nächsten Tage wird es wie immer bei mehrtägigen Touren ein abschließendes Fazit geben und dann geht es wieder mit Einzeltouren weiter.

6 Comments

  • Moni

    Ich dachte zuerst: Vielleicht wäre der Reschensee mit wenig Wasser gerade interessant gewesen,wenn man mehr des versunkenen Dorfs sieht…aber gleichzeitig ist es wirklich auch sehr traurig.
    Du hast schon eine super Variante ausgesucht. Die Farbwechsel von hellgrüner Wiese, dunkelgrauem Fels und weißem Schnee in einem Foto sind wirklich beeindruckend.
    Gut,dass du eine so gute Woche erwischt hast und, wie du richtig sagst, auch gesund bei allen Wanderungen wieder angekommen bist!

    • Judith

      Ich habe auch überlegt, ob das interessant wäre, wobei es da mehr als ein paar Mauerreste nicht zu sehen gäbe, da die Gebäude außer dem Kirchturm vor der Flutung alle gesprengt wurden. Und da ich etliche Kilometer am See entlanggewandert wäre (unmittelbar neben der Straße), war das alles wenig verlockend.
      Der Vernagter Stausee war dann eine super Alternative, da es auch schön war nochmal so hoch hinauf zu kommen und mal ganz weg zu sein vom Verkehrslärm.

  • Konstanze

    Sowohl der Kirchturm im See, als auch das Gedenkkreuz sind schon ziemlich heftige Erinnerungen daran, dass in dieser großartigen Landschaft auch nicht so schöne Ereignisse stattgefunden haben. Wie schön, dass dein spontanes Umplanen am Ende trotzdem zu so einem gelungenen Abschluss für deine Wandertage geführt hat.

    Und ich muss Lyne recht geben: Sowohl die Aussicht, als auch der Kaiserschmarrn sehen sehr gut aus! (Und das einzelne schwarze Schaf ist bezaubernd!)

    • Judith

      Ja, vor allem zu dieser Jahreszeit. Wenn im See mehr Wasser ist und man vom Kirchturm nichts sieht, würde man ja nur Idylle sehen.
      Das Umplanen an dem Tag hat sich gelohnt und gezeigt, dass eine gewisse Flexibilität (nicht meine Stärke) schon hilfreich sein kann.

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