Moselcamino: Trier und Fazit
Ehe ich hier mit anderen Wanderungen fortsetze (so war ich etwa gleich nach Abschluss des Moselcaminos noch in der Sächsischen Schweiz), ist es noch an der Zeit für ein allgemeines Fazit zum Moselcamino. Da dieser Beitrag vermutlich etwas länger wird, hier eine Inhaltsübersicht:
- Impressionen aus Trier
- Wegführung und Landschaft
- Etappenlänge und Anforderungen
- Unterkünfte und Verpflegung
- Ausrüstung
- „Pilgerfeeling“ und abschließende Gedanken
1. Impressionen aus Trier
Zunächst ein paar Eindrücke aus Trier, das ich am Tag nach der letzten Etappe ausgiebig besichtigt habe. Da es bei meiner Ankunft im Dom so voll gewesen war, stattete ich diesem gleich in der Früh nochmal einen Besuch ab und fand ihn (bis auf zwei Reinigungsdamen) menschenleer vor. Das war gleich eine ganz andere Atmosphäre als am Vortag mit all dem Gewusel und ich genoss es den Dom für mich alleine zu haben.
Danach setzte ich meine Besichtigung der antiken Stätten fort (am Vorabend war ich bereits in der Porta Nigra gewesen) und erkundete sowohl das Amphitheater als auch die Kaiserthermen. Erstaunlicherweise war es auch hier nahezu menschenleer und ich konnte die Ruinen in aller Ruhe erkunden.
Schließlich rundete ich meinen Tag in Trier noch mit dem Rheinischen Landesmuseum und einem Stadtbummel ab.
Trier ist auf jeden Fall ein würdiger Abschluss des Moselcamino und man könnte hier noch einiges mehr besichtigen, aber ich fand eineinhalb Tage auch ausreichend. In der Innenstadt war sehr viel los und das finde ich nach mehreren Tagen wandern immer etwas überwältigend. Mein Highlight war die Porta Nigra, die sich für mich auch fast mehr nach dem Ziel anfühlte als die Benediktinerabtei St. Matthias.
Nun also mein allgemeines Fazit zum Moselcamino:
2. Wegführung und Landschaft
Als erstes möchte ich gleich einmal festhalten, dass der Moselcamino landschaftlich ein Traum ist! Es gibt wundervolle Ausblicke auf die Mosel, man geht durch Weinberge und Wälder und auch architektonisch hat der Weg einiges zu bieten, angefangen von Burgen (Thurant, Eltz, Metternich) bis hin zu hübschen Städtchen. Da es in Österreich kaum Fachwerkhäuser gibt, geht mir immer das Herz auf, wenn ich solche sehe und der Moselcamino hat sie in Hülle und Fülle zu bieten. Das eindeutige Highlight war für mich Beilstein, aber auch Alken, Treis-Karden, Enkirch und Traben-Trarbach fand ich sehr schön. Ich freute mich immer, wenn der Weg durch eine Stadt führte, während mich sonst beim Wandern das Durchqueren von Ortschaften eher nervt.
Außerhalb der Städte geht es fast die ganze Zeit durch Wälder, Weinberge, Felder und Wiesen. Zwar gibt es auch asphaltierte Abschnitte, aber niemals kilometerlange Straßenabschnitte wie etwa auf einigen Etappen des Olavsweges. Ich glaube, ich hatte überhaupt noch nie einen Weitwanderweg mit so wenig Straßenanteil wie den Moselcamino. Zudem ist der Weg hervorragend markiert. Rund um Bernkastel-Kues war die Orientierung ein paarmal ein wenig schwierig, aber sonst sind gelbe Muscheln und Pfeile fast inflationär vorhanden. Ein großes Lob also an die ehrenamtlichen Wegpaten!
3. Etappenlänge und Anforderungen
Auch im Hinblick auf den Anspruch fand ich die Wegführung gelungen, wobei das mit der Schwierigkeit ja so eine Sache ist. Inzwischen habe ich schon gelernt, dass Pilgerwege anders einzustufen sind als alpine Wege. Wenn also auf dem Moselcamino auf einzelnen Abschnitten „Trittsicherheit und Schwindelfreiheit“ gefordert wird, braucht sich davon niemand, der/die auch öfter mal im Mittelgebirge unterwegs ist, abschrecken lassen. Ich bin nicht schwindelfrei und hatte schon bei so einigen „einfachen“ Steigen in den Wiener Alpen Herzklopfen, aber keinerlei Probleme auf dem Moselcamino. Der Weg hat es dennoch in sich, da es fast beständig bergauf und bergab geht, was gerade mit schwerem Rucksack ermüdend ist. Zum Glück sind die An- und Abstiege selten allzu lange (das meiste waren etwa 300 Höhenmeter an einem Stück) und fast nie steil. Eine gewisse Grundkondition sollte man aber unbedingt mitbringen!
Wer der im Outdoor-Führer vorgeschlagenen Etappeneinteilung folgt, hat täglich zwischen 14 und 27 km und 400-700 Höhenmeter zu bewältigen. Ich habe den Weg etwas anders eingeteilt, weil ich zwischen Beilstein und Bullay auf den Moselsteig ausgewichen bin. Das hat meinen Weg und entsprechend meine Etappen verlängert, daher waren es bei mir zwischen 20 und 32 km sowie 550-850 Höhenmeter täglich. Das war okay, aber an der Grenze, zumal es an den letzten Tagen sehr heiß war. Insgesamt habe ich an 8 Tagen 200,3 km zurückgelegt, bin 5.654 Höhenmeter bergauf und 5.524 Höhenmeter bergab gegangen.
4. Unterkünfte und Verpflegung
Der Moselcamino verfügt über eine sehr gute Infrastruktur, sowohl was die Übernachtungsmöglichkeiten als auch die Verpflegung betrifft. Es gibt ein relativ dichtes Netz an Pensionen, Hotels und Privatzimmern. Vermutlich könnte man es riskieren auf dem Weg nicht vorzubuchen, aber da in der Zeit, als ich dort unterwegs war, gerade viele Weinfeste und ähnliche Feierlichkeiten stattfanden, wurde es am Wochenende etwas knapp und ich habe zur Sicherheit alles im Voraus gebucht. Leider gibt es nur wenige Pilgerherbergen auf dem Weg. Ich habe in zwei übernachtet – die Alte Lateinschule in Traben-Trarbach und die Eberhardsklause in Klausen. Beide sind sehr schön, wobei die Alte Lateinschule nochmal einen ganz persönlichen Anstrich durch Frau Böcking, die sehr nette Herbergsbetreiberin erhält. Es gibt außerdem noch eine ganz kleine Herberge am Bleidenberg bei Alken, die leider bereits ausgebucht war, als ich dort angefragt habe, sowie die Casa de Peregrinos einige Kilometer vom Weg entfernt, wo ein Shuttle von und nach Schweich angeboten wird. Dort hätte ich sehr gern übernachtet, aber leider waren die Betreiber genau zu der Zeit nicht zuhause. Mein Highlight war neben der Übernachtung in Traben-Trarbach das Kloster Maria Engelport, das ich als eine Oase der Ruhe und Entspannung empfunden habe (vermutlich auch, weil dort keinerlei Internet und Telefonempfang war). Die Pensionen und Hotels auf dem Weg haben die typischen Preise einer Tourismusregion, was den Moselcamino zu einem eher teuren Pilgerweg macht.
Was das Essen betrifft, so habe ich versucht mich zumindest teilweise selbst zu verpflegen. Das klappt auf dem Weg auch insofern gut, als man auf fast jeder Etappe eine Einkaufsmöglichkeit hat. Lediglich zwischen Treis-Karden und Bullay sieht es etwas mau aus, was aber kein Problem sein sollte, wenn man dem originalen Moselcamino folgt. Für mich waren das aber durch den Wechsel auf den Moselsteig etwas mehr als zwei Etappen ohne Einkaufsmöglichkeit. Nur in Bremm gibt es einen Dorfladen mit sehr eingeschränkten Öffnungszeiten. Es gibt aber stets genug Möglichkeiten zur Einkehr, es sollte also auf dem Weg niemand hungern. Insgesamt gibt es eine sehr viel dichtere und bessere Infrastruktur als ich es von meinen bisherigen Pilgerwegen (Olavsweg, Wallfahrerwege nach Mariazell) kenne.
5. Ausrüstung
Ein Pilgerweg im Sommer mit guter Infrastrukur, kein Schlafsack und kein Essen für 3 oder mehr Tage notwendig – man sollte meinen, dass ich mit leichtem Gepäck unterwegs war. Tatsächlich war mein Rucksack aber diesmal verhältnismäßig schwer. Zum einen bestand mein zweiwöchiger Urlaub nicht nur aus der Wanderung, sondern ich war davor ein paar Tage bei Birthe in Marburg und danach mit meinem Freund in der Sächsischen Schweiz, daher hatte ich etwas mehr Wechselkleidung als sonst mit. Zum anderen wollte ich mich, wie oben geschrieben, weitgehend selbst verpflegen (teilweise auch zum Frühstück), was etwas schwierig ist, wenn man in vielen Unterkünften keine Küche zur Verfügung hat. Daher hatte ich einen kleinen Reisewasserkocher mit dabei, den ich zwar sehr praktisch fand, der aber natürlich kein Fliegengewicht ist.
Außerdem hatte ich diesmal neben meinem obligatorischen E-Reader noch mehr Abendbeschäftigung mit, nämlich ein Mini-Aquarellset nebst etwas Aquarellpapier und ein paar Postkarten zum Ausmalen. Das ganze fiel zwar kaum ins Gewicht, aber da ich abends immer so lange mit den Blogeinträgen beschäftigt war, kam es lediglich am letzten Tag in Trier zum Einsatz und war daher etwas überflüssig. Mein Ziel für die nächste längere Wanderung: Beim Bloggen schneller werden, damit ich auch mehr Zeit zum Lesen und Malen finde.
Was gibt es sonst noch zu meiner Ausrüstung zu sagen? Ich hatte als Schuhe wieder die sehr leichten und flexiblen Meindl Houston Mid GTX – zwar ein neues Paar, aber das Modell hat sich bei mir schon auf dem Olavsweg bewährt. Auch meine dünne Regenjacke von Mountain Equipment war wieder mit dabei und hielt mich zuverlässig trocken. Neu war, dass ich erstmals mit einer abzippbaren Wanderhose unterwegs war, anstatt wie früher mit Leggings an kälteren und einer Laufshort an warmen Tagen. Natürlich ist so eine Wanderhose sehr praktisch und ich habe auch öfter mal die Hosenbeine abgezippt, aber so ganz überzeugt bin ich davon trotzdem nicht. Bei Kälte und/oder Nässe finde ich Leggings angenehmer, bei Hitze die Laufshort deutlich luftiger. Vorteil war natürlich, dass ich mich diesmal nicht in der Früh entscheiden musste, welche Hose ich anziehe. 😉
Alles in allem (mit Wasser, Essen usw.) hatte mein Rucksack ca. 8-9 kg, was für diese Art von Wanderung ziemlich viel ist, aber dafür war keine tägliche Handwäsche notwendig und ich hatte eine gewisse Autonomie bei der Verpflegung. Ob beides das zusätzliche Gewicht wert ist – darüber bin ich mir selbst noch nicht ganz im Klaren.
6. „Pilgerfeeling“ und abschließende Gedanken
Da ich mittlerweile doch schon einige Weitwanderungen gemacht habe, war der Moselcamino in gewisser Weise „business as usual“. Ich hatte kaum Zweifel im Vorfeld oder während der Wanderung und habe mich auf dem Weg schnell zuhause gefühlt. Da mich die schönen Landschaften und Städte recht eingenommen haben, hatte ich gar nicht so viel Gelegenheit meine Gedanken einfach fließen zu lassen, obwohl ich dafür genug Zeit gehabt hätte.
Denn der Moselcamino war bisher mein einsamster Pilgerweg. Bis auf Lydia, die ich in der Pilgerherberge in Traben-Trarbach kennengelernt habe und mit der ich einen Tag lang gemeinsam gepilgert bin, habe ich niemanden getroffen. Dafür, dass das eine so schöne Wanderregion ist, war es ganz allgemein sehr ruhig – auch Tageswanderer waren nur vereinzelt unterwegs (die meisten habe ich bei Nebel am Calmont getroffen). Da ich vor und nach der Wanderung in Gesellschaft war, hat mich das Alleinsein nicht gestört. Ich wandere ohnehin gern alleine, finde es allerdings schön, wenn man sich abends austauschen kann oder einzelne Abschnitte auch mal zusammen mit anderen geht. Zeitweise dürfte zwar auf dem Weg auch mehr los sein, aber insgesamt ist der Moselcamino sicher nicht überlaufen. Zusammen mit der Tatsache, dass es so wenige Herbergen gibt, kommt einerseits eher wenig „Pilgerfeeling“ auf. Anderserseits erinnern die Wegmarkierungen und die Stempel in den Kirchen doch immer wieder daran, dass man sich hier auf einem der Jakobswege befindet. Dadurch fühlte sich für mich Trier auch nur wie ein Zwischenziel an und ich hätte sehr gerne meinen Weg dort weiter fortgesetzt.
Bisher war bei mir beim Weitwandern die Wehmut, dass es vorbei ist, immer größer als die Erleichterung, dass es geschafft ist und das war also beim Moselcamino nicht anders. Das spricht natürlich auch für den Weg, denn trotz Anstrengung, Wetterkapriolen (von strömendem Regen bis Hitze) und fehlendem Pilgerfeeling waren es acht wundervolle Tage. Ich kann den Moselcamino (und auch den Moselsteig, soweit ich ihn kennengelernt habe) wärmstens weiterempfehlen und hoffe, dass er im Laufe der Zeit an Bekanntheit gewinnt.
2 Comments
Konstanze
Ui, das ist wirklich ein gründliches Fazit zu dieser Wanderung und es ist schön zu lesen, dass du so viele positive Aspekte am Moselwanderweg gefunden hast. Ich frage mich gerade, ob die Tatsache, dass die Unterkünfte doch recht teuer sind, mit ein Grund dafür sein kann, dass dieser Wanderweg (noch) nicht so beliebt ist wie vergleichbare Pilgerstrecken.
Judith
Das wird sicher mit ein Grund sein. Ich sehe das ja bei mir: Ich liebäugle die ganze Zeit mit einer weiteren langen Wanderung und würde durchaus gern den Österreichischen Jakobsweg (oder auch einen anderen Weg quer durch Österreich) gehen, aber der Mangel an wirklich günstigen Unterkünften schreckt mich davon ab, zumal man ja nochmal mehr Ausgaben einplanen muss, wenn es auch keine Kochgelegenheit gibt. Und da man in Österreich großteils nicht wildzelten darf und Zeltplätze entlang von Wanderrouten eher Mangelware sind, ist auch das Zelt keine Option.