Weitwanderwege

Moselcamino 6: Traben-Trarbach – Klausen

Auf der 6. Etappe hatte ich Gesellschaft, was darüber hinwegtröstete, dass es an diesem Tag einige mühsame Abschnitte gab.

Die Fakten
25,8 km 714 hm 585 hm
Start: Traben-Trarbach
Ziel: Klausen

Obwohl ich nicht gern mit Ohropax schlafe, blieb mir letzte Nacht kaum etwas anderes übrig, wenn ich nicht zum Einschlafen der Musik vom Hoffest lauschen wollte. Das hatte auch den Vorteil, dass ich nur halb wach wurde, als die Radfahrer spätnachts vom Fest zurückkamen und die restliche Nacht für Schnarchuntermalung sorgten. Ich wurde trotzdem sehr bald in der Früh wach und las noch, ehe es um 8 Uhr ein opulentes Frühstück gab. Und Lunchpakete durften wir uns auch mitnehmen. Zum Abschied machte Frau Böcking noch ein Foto von Lydia und mir – sie hat im Eingangsbereich die ganze Wand voll mit Pilgerfotos.

Dann ging es im Nebel los aus Traben-Trarbach hinaus und auf den ersten Anstieg des Tages. Dieser zog sich zwar, hatte aber immer wieder flachere Abschnitte zwischendurch zum Verschnaufen. Die gelben Muscheln waren allerdings hier (und auch später) rar gesät – erstmals auf diesem Weg.

Als es aus dem Nebel und der Stille hinunter nach Bernkastel-Kues ging, war das der reinste Kulturschock. Hier ist dieses Wochenende Weinfest und obwohl die Stände am Vormittag noch kaum besucht waren, war es uns allgemein viel zu wuselig in der Stadt.

Wir wollten die Stadt also möglichst schnell hinter uns lassen, mussten dazu aber eine Weile durch Siedlungsgebiet und einen Vergnügungspark, der wohl für das Fest aufgebaut worden war.

Als es durch die Weinberge ins beschauliche Lieser ging, war das die reinste Wohltat. Da es inzwischen schon mittags war, machten wir eine Pause an einem Rastplatz an der Mosel.

Danach folgten ein weiterer Aufstieg und ein Weg durch Weinberge, der es in sich hatte: Es gab so gut wie keinen Schatten und die Sonne brannte erbarmungslos auf uns herab. Wir begannen von Eiskaffee zu träumen, hätten uns aber höchstens mit Wein aus einer „Wander-Quelle“ versorgen können.

Schließlich erreichten wir aber am frühen Nachmittag mit hängender Zunge Osann-Monzel, wo ich mir zunächst einen Stempel in der Kirche holte, ehe wir nach einem geöffneten Café Ausschau hielten. Fündig wurden wir schließlich in Lydias Nachtdomizil Hotel Moselsteig.

Hier hieß es nun auch Abschied nehmen, da es für mich noch etwa 8 km weiter ging. Es war schön gewesen zwischendurch mal Gesellschaft zu haben und auch die zähen Abschnitte waren so viel schneller vorbeigegangen.

Mich hätte der Camino nun erneut in der prallen Sonne bergauf geführt, aber ich suchte mir stattdessen lieber einen Weg im Schatten am Fuße des Hügels entlang. Zwischendurch ging es auch hier in die Sonne, aber insgesamt war es eine angenehme Alternative.

Es war auch so noch immer heiß genug und so war ich froh, als ich gegen 17 Uhr die Herberge Eberhardsklause erreichte. Im Dorfladen erhielt ich den Schlüssel und erfuhr, dass ich nicht nur das Pilgerzimmer, sondern die gesamte Herberge für mich habe. Das fühlt sich etwas komisch an, da hier sehr viele Zimmer sind, aber das Pilgezimmer ganz im oberen Stock und mit Blick auf die Wallfahrtskirche Klausen ist sehr schön.

Es ist schade, dass hier insgesamt nur so wenige Pilger unterwegs sind, auch wenn Frsu Böcking von der Alten Lateinschule meinte, dass es zwischendurch auch immer mal wieder mehr sind.

So hatte ich nun auch Zeit, um den Blogbeitrag etwas früher zu schreiben und gerade eben hatte ich noch einen schönen Blick auf den Sonnenuntergang.

Fazit: Ich weiß nicht, ob sich die Ausblicke auf die Weinberge und die Mosel inzwischen etwas abnutzen oder es an der Streckenführung an sich lag, aber die heutige Etappe war stellenweise (vor allem um und durch Bernkastel-Kues) etwas zäh. Da war es besonders erfreulich, dass ich heute gemeinsam mit Lydia unterwegs war und wir uns übers Wandern und andere Themen austauschen konnten. „The trail provides“ – manchmal in Form von Menschen, die einem gerade zur richtigen Zeit begegnen.

6 Comments

  • Birthe

    Ach, schön, dass du gerade auf dem zähen Abschnitt Gesellschaft hattest!
    Die Pilgerherbergen finde ich ja spannend – irgendwie hätte ich nicht gedacht, dass es sowas überhaupt noch gibt, weil ich trotz „Ich bin dann mal weg“ und Folgen davon ausging, dass nur so vereinzelt Pilger unterwegs sind, dass sich sowas gar nicht lohnen würde. Echt schön, dass die trotz Flautenzeiten trotzdem weiter betrieben werden!

    • Judith

      Meinst du allgemein oder in Deutschland? Denn auf den spanischen Jakobswegen werden die Pilger jedes Jahr mehr und die Herbergen platzen meist aus allen Nähten.
      Aber in Deutschland ist es wohl jetzt wieder etwas abgeflaut, nachdem in den Pandemiejahren mangels Alternativen wohl sehr viel los war.

  • Konstanze

    Was für ein Sonnenuntergang! Und schön, dass du gestern Gesellschaft hattest, die dich über die etwas zäheren Abschnitte begleitet hat.

    Ich finde es spannend zu lesen, dass diese Pilgerstrecken so wenig genutzt werden, nachdem ich den Eindruck hatte, dass die berühmten Pilgerwege doch inzwischen ziemlich überlaufen sind. Zumindest klingt es immer nach „Massenveranstaltung“, wenn ich Pilgerberichte lesen, weil die Leute dann schon ziemlich viele Menschen auf der Strecke sehen und schauen müssen, dass sie noch Übernachtungsmöglichkeiten finden …

    • Judith

      In Spanien ist es auf den bekanntesten Jakobswegen sehr voll, aber die meisten starten eben auch erst in Spanien. Die meisten wollen halt als Ziel schon die Kathedrale in Santiago. Pilger, die aus Deutschland den ganzen Weg dorthin gehen oder eben nur hier einzelne Abschnitte gehen, sind dann doch seltener. Und in Österreich ist auf den Jakobswegen fast gar nichts los.

      • Konstanze

        Wirklich schade, dass diese Wege in Deutschland und Österreich so wenig genutzt werden. Dabei habe ich – anhand deiner Berichte – das Gefühl, dass sie nicht nur gut beschildert sind, sondern auch gute Übernachtungsmöglichkeiten bieten. Das ist ja auf anderen Wanderwege nicht unbedingt der Fall …

        • Judith

          Mein Eindruck zumindest in Österreich ist, dass die meisten, die längere Wanderungen machen, eher Hüttentouren in den Bergen machen. Und die, die tatsächlich pilgern wollen, wollen vermutlich das richtige „Pilgererlebnis“ mit ausreichend günstigen Herbergen, anderen Pilgern, etc. In Deutschland und Österreich gehen ja die Übernachtungen schon ziemlich ins Geld.

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