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Hærvejen 12: Skelhøje – Viborg

Die Fakten
18,2 km 213 hm 251 hm
Start: Skelhøje
Ziel: Viborg
Schwierigkeit: einfache, aber mitunter etwas verwurzelte Pfade

Nach einer guten Nacht in meiner Luxusunterkunft brauchte ich heute mal wieder ewig, um all mein Zeugs zusammenzupacken. Umso mehr Platz ich habe, umso mehr breite ich mich aus …

Um halb 9 war ich aber endlich startklar und machte mich auf den Weg. Gleich, als ich Skelhøje hinter mir gelassen hatte, ging es in den Wald und dann ins Naturgebiet Dollerup Bakker. Heidebewachsene Hügel rahmen hier den Haldsee ein, einen der tiefsten Seen in Dänemark. Ein traumhafter Weg, der ungewöhnlich viel bergauf und bergab führte.

Als der Weg dann direkt am Seeufer entlangführte, begann es auf einmal zu schütten. Eigentlich war erst für den Nachmittag Regen angesagt gewesen. Ich war zum Glück unter den Bäumen einigermaßen geschützt und bald ließ der Regen auch nach.

Als ich nach etwa sechs Kilometern „De fem Halder“ erreichte, kam sogar wieder die Sonne raus. Mit den fünf Halden werden fünf verschiedene Schlösser und Residenzen aus unterschiedlichen Epochen bezeichnet, von denen nicht mehr alle erhalten sind. Diesen interessanten Ort nutze ich für eine kleine Pause und um mich etwas umzusehen. Es gibt eine kleine Ausstellung mit Informationsfilm über die Gegend und seine Geschichte, eine Pilgerherberge und eine Waldschule. Das Herrenhaus Hald Hovedgård von 1787, das heute das dänische Autoren- und Übersetzungszentrum beherbergt und als literarischer Arbeitsplatz dient.

Etwas abseits des Hærvejen sind die Ruinen von Schloss Hald, das 1528 errichtet wurde. Viel ist nicht mehr erhalten, aber vom Turm hat man einen schönen Blick auf die Umgebung.

Von hier ging ich nun über Hügel und Kuhweiden, wobei ich nur den Hinterlassenschaften der Kühe begegnete aber nicht den Tieren selbst.

Als ich schließlich an einem schmalen Pfad am Seeufer entlangging, begann es erneut zu regnen und erneut hatte ich das Glück nun großteils im Schutz der Bäume unterwegs zu sein.

Bei Hald Ege stieß ich schließlich wieder auf den Hærvejen, allerdings auf den Fahrradweg. Der Wanderweg verläuft etwas weiter nördlich. Da mich der Fahrradweg aber an zwei interessanten Publten vorbeibringen würde, folgte ich diesem. Der erste war der Hærvejstein mit einer Inschrift des dänischen Schriftstellers Peter Seeberg und Entfernungsangaben zu allen möglichen heiligen Orten. 780 km nach Trondheim (Nidaros) wären allerdings Luftlinie.

Der zweite interessante Punkt war die Søndermarkskirche am Rand von Viborg. Diese moderne Rundkirche von 1980 beherbergt den Hærvej-Teppich, einen 10 Meter langen Bilderteppich, an dem zehn Frauen aus der Region fünf Jahre lang gestickt haben. Hier wird der Verlauf des Hærvejens mit seiner reichen Geschichte dargestellt.

Nun waren es nur mehr drei Kilometer bis zum Dom, die sich allerdings etwas zogen. Mir taten die Füße wieder ziemlich weh. Zwar bieten die neuen Einlagen doch eine viel bessere Dämpfung, aber sie sind noch etwas ungewohnt und die Blasen haben sich natürlich auch noch nicht in Nichts aufgelöst. Und ein paar hundert Meter vor dem Dom begann es auch noch zu schütten. Ich war gerade in einer Einkaufsstraße mit Cafés unterwegs und nun sprangen alle fluchtartig auf und suchten Schutz. Ich wartete auch unter einem Vordach, bis das schlimmste vorbei war, und legte dann das letzte Stück zum Dom zurück.

Hier war einst das Ende bzw. der Anfang des Hærvejens vor der Verlängerung in den Norden. Insofern ist es auch passend, dass das für mich ein Zwischenziel ist. Morgen geht es nach Fünen für eine Woche Urlaub mit Julian und danach werde ich ein Stück überspringen. Das heißt, dass das heute erst mal ein Abschied vom Hærvejen für eine Weile ist. Auch auf dem Blog wird es hier dann eine Pause geben.

Zurück aber zu meiner Ankunft am Dom:

Der ursprüngliche Dom wurde im 12. Jahrhundert erbaut und war im Mittelalter eine wichtige Wallfahrtsstätte. Nach mehreren Bränden wurde er im 18. Jahrhundert barockisiert. 1863 wurde er (abgesehen von der Krypta) gänzlich abgerissen, da er baufällig war und das uneinheitliche Erscheinungsbild nicht dem Geschmack der Zeit entsprach. Danach kam es zu einem Neubau im neoromanischen Stil. Die Fresken und Ölgemälde im Inneren wurden Anfang des 20. Jahrhunderts von Joakim Skovgaard geschaffen und zeigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.

Nach Besichtigung des Doms gönnte ich mir zunächst einen Kaffee im Domcafé, das von Ehrenamtlichen betrieben wird, und ging dann weiter zum Pilgerhaus. Das begeisterte mich zunächst nicht besonders. Es gibt mehrere Schlafräume und die üblichen Gemeinschaftsräume, aber alles wirkt etwas lieblos und schmuddelig. Es ist außerdem sehr verwinkelt mit zig Räumen und Türen und in solchen Gebäuden fühle ich mich alleine oft nicht so wohl. Ich suchte mir also mal ein Bett aus und hoffte auf nette Gesellschaft später.

Ohne Rucksack machte ich mich dann noch auf, um Viborg zu erkunden. Einen erneuten Regenguss saß ich bei einem Orgelkonzert im Dom aus, was auch schön zu meiner Ankunft hier passte.

Danach ging ich kreuz und quer durch Viborg, das äußerst hübsche Gassen und Häuser hat. Die Stadt hat eine reiche Geschichte und war im Mittelalter das kirchliche und politische Machtzentrum von Jütland. Bei einem verheerenden Brand 1726 wurde die Hälfte der Stadt zerstört und brauchte lange, um sich davon wieder zu erholen.

Schade, dass es immer wieder regnete und ich Viborg nicht im Sonnenschein genießen konnte.

Zum Abendessen gönnte ich mir einen Veggieburger, da die Küche in der Herberge gar nicht zum Kochen einlädt, und konnte das WLAN des Lokals auch gleich zum Hochladen meiner vielen Fotos nutzen.

Als ich mich schließlich um 19 Uhr auf den Weg zurück zur Herberge machte, staunte ich nicht schlecht, als mir der dänische Radfahrer von vorgestern entgegenkam. Er übernachtet heute auch hier. Na bitte, „the trail provides“! Damit kam es mir gleich deutlich gemütlicher vor. Wir plauderte vorher auch noch eine Weile und zuletzt kam noch eine Dänin an, die den Weg von hier bis Hirtshals laufen (also joggen) möchte. Gibt es also mehr von der Sorte als nur den Engländer! 🙂

Und damit verabschiede ich mich für einige Tage – aber Fortsetzung folgt!

2 Comments

  • Konstanze

    Der Bilderteppich ist ja großartig! Allein schon die ganzen Details in den kleinen Stücken am Rand (der Runenstein!) sind beeindrucken.

    Und wieder eine wunderschöne Landschaft, durch die du da gewandert bist. Sind die Holzstege bei dem Regen eigentlich rutschig oder lässt es sich gut darauf gehen?

    Ich wünsche dir eine wunderschöne Urlaubswoche mit deinem Freund! Hoffentlich können sich deine Füße dann soweit erholen, dass du den zweiten Teil deiner Wanderung ohne Probleme genießen kannst.

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