Wege in Europa,  Weitwanderwege

Etappe 4: Jegerup – Ellegård (+ Stadtbesichtigungen)

Die Fakten
11 km 34 hm 40 hm
Start: Jegerup
Ziel: Ellegård Herberge
Schwierigkeit: einfache Wege, teils etwas verwachsene Waldpfade

Die heutige Kilometerzahl sieht zwar nach Ruhetag aus, aber tatsächlich war das ein sehr ausgefüllter Tag – der damit begann, dass ich verschlief. Ich hatte mich bis etwa halb vier auf der Isomatte herumgewälzt und schlief dann bis nach 8 Uhr. Nun hieß es einen Zahn zulegen, denn ich wollte in einer Stunde einen Bus erwischen. Mit kurzem Frühstück, Zeltabbau und Einpacken wurde das etwas stressig, aber ich schaffte es rechtzeitig. Am Vormittag war nämlich die Besichtigung von Haderslev/Hadersleben angesagt.

Hadersleben, das im 12. Jahrhundert gegründet wurde, war zunächst Teil des Herzogtums Schleswig. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg gehörte es von 1867 bis 1920 zu Preußen, ehe es zusammen mit Nordschleswig an Dänemark abgetreten wurde. Noch heute lebt eine deutsche Minderheit in der Stadt. Ich spazieren durch den Dampark und die Altstadt und besichtigte den Dom. Dieser wurde im 13. Jahrhundert errichtet und wie so viele Kirchen in den folgenden Jahrhunderten ausgebaut und restauriert. Er gilt als eine der schönsten gotischen Kirchen Dänemarks.

Bei einem Kaffee überlegte ich dann, wie ich den Tag weiter gestalten wollte. Ich hatte eigentlich vorgehabt, zu einer Herberge in Jels zu gehen, die zwar etwas teurer war, aber dafür Einzelzimmer hatte. Nun beschloss ich aber, noch einen Abstecher nach Christiansfeld zu machen und dann eine nähere Herberge anzusteuern.

Mit dem Bus fuhr ich also nach Christiansfeld, eine barocke Planstadt, die 1773 von der Herrnhuter Brüdergemeinde gegründet wurde. Sie ist für ihr sehr gut erhaltenes Raster-Stadtbild bekannt und seit 2015 Weltkulturerbe. Auf den Fotos ist das nur schwer einzufangen – man bräuchte hier eher einen Blick von oben.

Die sehr schlichte Kirche der Herrnhuter Brüdergemeinde konnte ich leider nur von innen fotografieren, da außen gerade Hochzeitsfotos gemacht wurden.

Sehr schön ist auch die Tyrstrup-Kirche aus dem Jahr 1863.

Mit dem Bus fuhr ich nun zurück nach Hadersleben, wo ich eine längere Wartezeit hatte, ehe ich mit einem weiteren Bus nach Jegerup nahe Vojens fuhr, um dort um etwa 15:15 wieder auf den Weg einzusteigen.

Leider begann es pünktlich zum Wanderstart zu regnen.

Nachdem es eine Weile über Straßen und Feldwege gegangen war, hatte ich die Entscheidung den Originalweg durch den Wald zu nehmen oder auf der Straße abzukürzen. Ich hoffte, dass ich unter den Bäumen mehr vom Regen geschützt wäre und wählte daher nach etwas Überlegen den längeren Weg. Dieser war auch sehr schön, allerdings wurde der Regen immer stärker und der Weg nach einer Weile immer verwachsener. Da bestand keine Chance mehr trocken zu bleiben und ich bereute bald meine Entscheidung.

Im Eilschritt legte ich daher die letzten Kilometer zurück und erreichte nach gut zwei Stunden die Herberge Ellegård. Ich befürchtete zunächst ganz allein im großen Schlafsaal zu sein, erspähte aber dann einen Schlafsack und fand bald darauf die Besitzerin in der Outdoor-Küche. Sie war ganz begeistert, dass noch Gesellschaft kam und gleich darauf kam ein weiterer Pilger an.

Der Abend verging dann sehr schnell mit äußerst interessanten Gesprächen. Die belgische Radfahrerin hat ihren Job aufgegeben, um nun erst einmal eine längere Radtour zu unternehmen. Und sie hatte schon ganz viele spannende Begegnungen am Weg, da sie oft einfach jemanden fragt, ob sie im Garten das Zelt aufstellen darf – was ihr nicht nur meist eine Zusage, sondern oft sogar Einladungen zum Essen oder zur Übernachtung im Haus beschert hat. Und der Engländer läuft den Weg – mit Distanzen von 40-60 Kilometern pro Tag. Unglaublich! Er ist vor 10 Tagen in Hirtshals gestartet und möchte morgen Padborg erreichen. Um das zu schaffen, ist er nur mit einem Mini-Rucksack unterwegs und übernachtet stets in den Herbergen.

Und diese Begegnungen sind der Grund, weshalb ich (neben Kostengründen) die Pilgerherbergen so liebe. Natürlich würde ich lieber alleine in einem Zimmer schlafen, in dem ich nicht erst mal nach draußen in den Regen muss, um auf die Toilette zu gehen. Aber solche Gespräche sind einfach wertvoller als jeder Luxus!

5 Comments

  • Julian

    Sehr tolle Fotos! 😃 So kommt das Land authentischer rüber als in jedem Reiseführer. Ich bin also weiterhin gespannt! Bestimmt lässt der Regen ab jetzt nach.

    • Judith

      Danke! Manche Fotos und Wetterlagen würde der Reiseführer halt weglassen. 😉
      Nachdem der Regen länger blieb als gedacht, hat er sich nun endlich verzogen.

  • Konstanze

    Spannend, dass die Bänke in der Kirche der Herrnhuter Brüdergemeinde zur Längsseite des Gebäudes ausgerichtet sind! Und schön, dass du am Abend noch solch netten Austausch mit anderen Fern“wanderern“ hattest. (Eine solche Radtour kann ich ja noch nachvollziehen, aber die Strecke laufenden zurückzulegen? Wie viele solche Marathontage benötigt eine Person denn dann dafür? Oo)

    • Judith

      Ja, eine sehr ungewöhnliche Kirche.
      Das mit dem Laufen ist unglaublich. Er hat heute seinen letzten Tag und dann Dänemark in 11 Tagen durchquert (er ist in Skagen gestartet, nicht in Hirtshals, wie ich schrieb). Jeder Tag eine Marathondistanz oder manchmal sogar mehr.

      • Konstanze

        Das ist wirklich unfassbar! Wenn ich überlege, dass die meisten Marathonläufer sich gezielt auf so einen anstrengenden Tag vorbereiten und danach Zeit zum Regenerieren benötigen … selbst wenn ich bedenke, dass die Person nicht auf Zeit läuft, finde ich das wirklich unglaublich …

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